Deutsches Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften (DRZE)

Titel: Lebensbeendende Handlungen - Ethik, Medizin und Recht: Zur Grenze von 'Töten' und 'Sterbenlassen'

Termin: 15.7.2016, 8:15 Uhr, bis 16.7.2016, 13:00 Uhr

Veranstaltungsort:
Alte Aula
Münzgasse 30
Tübingen

Referenten: Prof. Dr. Steffen Augsberg (Gießen) *** Prof. Dr. Dr. Matthias Beck (Wien) *** Dr. Elmar Biermann (Nürnberg) *** Prof. Dr. Franz-Josef Bormann (Tübingen) *** Dr. Carl Bottek (Essen) *** Dr. habil. Philipp Brüllmann (München) *** Prof. Dr. Dr. Reinhard B. Dettmeyer (Gießen) *** Prof. Dr. Gunnar Duttge (Göttingen) *** Prof. Dr. Stephan Ernst (Würzburg) *** Katja Goudinoudis (München) *** Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf (Würzburg) *** Prof. Dr. Christoph Horn (Bonn) *** Prof. Dr. Christian Jäger (Erlangen-Nürnberg) *** Prof. Dr. Dr. h.c. Jan C. Joerden (Frankfurt a. O.) *** Prof. Dr. Michael Kahlo (Leipzig) *** Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Kruse (Heidelberg) *** Prof. Dr. Guido Löhrer (Erfurt) *** Prof. Dr. Arne Manzeschke (Nürnberg) *** Prof. Dr. Dres. h.c. Ulfrid Neumann (Frankfurt a. M.) *** Prof. Dr. Dr. Fuat Oduncu (München) *** Prof. Dr. Dr. Friedo Ricken SJ (München) *** Prof. Dr. Reimer Riessen (Tübingen) *** Prof. Dr. Ruth Rissing-van Saan (Bochum) *** Prof. Dr. Stephan Rixen (Bayreuth) *** Prof. Dr. Markus Rothhaar (Eichstätt) *** Prof. Dr. Frank Saliger (München) *** Prof. Dr. Dr. Walter Schaupp (Graz) *** Prof. Dr. Wolfgang Schild (Bielefeld) *** Prof. Dr. Eberhard Schockenhoff (Freiburg i. Brsg.) *** Prof. Dr. Dieter Schönecker (Siegen) *** Elke Elisabeth Schmidt (Siegen) *** Dr. Oliver Tolmein (Hamburg) *** Prof. Dr. Torsten Verrel (Bonn)

Weitere Informationen:
http://www.uni-tuebingen.de/moraltheologie/symposium

Kurzbeschreibung: Das Sterben eines Menschen in den Wohlstandsregionen der Welt hat durch die Errungenschaften der modernen Medizin immer öfter seine naturale Unverfügbarkeit als schicksalhaftes Ereignis verloren. Der genaue Todeszeitpunkt und die Art des Sterbens sind – in gewissen Grenzen – längst zu einer Variablen menschlicher Entscheidungen geworden. Die sprunghaft gestiegenen Möglichkeiten der medizinischen Lebenserhaltung und -verlängerung gehen dabei nicht nur mit neuen Hoffnungen und Ängsten auf Seiten der Patienten, sondern auch mit einer wachsenden Handlungsunsicherheit vieler professioneller Akteure des Gesundheitssystems einher, die ihren Grund nicht zuletzt in der mangelnden Präzision bestimmter für dieses Handlungsfeld einschlägiger normativer Orientierungen hat. Vor allem Ärzte und Pflegekräfte stehen im Umgang mit hochaltrigen multimorbiden Personen tagtäglich vor der Herausforderung, ihre jeweiligen Entscheidungen hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung von Behandlung und Pflege darauf hin zu befragen, ob und inwiefern sie bestimmten moralischen und rechtlichen Vorgaben entsprechen, deren genauen Grenzen jedoch umstritten sind. Dies gilt vor allem für solche Handlungen, die in näher zu bestimmender Art und Weise mit dem Eintritt des Todes des Patienten verbunden sind und deswegen zu den sog. ‚lebensbeendenden Handlungen‘ gehören: Das Spektrum dieses weiten und in sich extrem heterogenen Handlungsfeldes reicht von unstreitigen Tötungsdelikten bis hin zu verschiedenen Formen der Behandlungsbegrenzung bzw. -beendigung, deren angemessene handlungstheoretische Interpretation allerdings notorisch umstritten ist.

Genau hier setzt nun das vorliegende Projekt an, indem es die Normwissenschaften der philosophischen und theologischen Ethik sowie der Rechtswissenschaft miteinander ins Gespräch bringt, um die handlungstheoretischen Voraussetzungen und Implikationen jener Grenzziehungen kritisch zu reflektieren, die ihren jeweiligen normativen Differenzierungen zugrunde liegen.

Jenseits besonders umstrittener Einzelfragen (z.B. der Zulässigkeit einer ärztlichen Suizidbeihilfe) soll es dabei vor allem um die Tragfähigkeit der für die gesamte neuere Sterbehilfedebatte basalen begrifflichen Unterscheidung zwischen dem Handlungstyp des ‚Tötens‘ und demjenigen des ‚Sterbenlassens‘ gehen, die zwar intuitiv plausibel erscheint, hinsichtlich ihrer jeweiligen Grenzen aber offenbar der weiteren Präzisierung bedarf. Solange kein Einvernehmen darüber besteht, welche menschlichen Handlungen überhaupt als Tötungshandlungen zu beschreiben sind, dürfte ein Konsens über die jeweilige moralische und rechtliche Bewertung solcher Handlungen kaum zu erreichen sein.

Obwohl diese Problematik in der Öffentlichkeit zumeist in einer emotionalisierten Form vor allem mit Blick auf spektakuläre Einzelfälle ( wie z.B. den konkreten medizinischen Umgang mit Patienten im sog. persistierenden vegetativen Zustand) und ganz bestimmte Handlungsformen (wie z.B. die Beendigung der Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr) diskutiert wird, handelt es sich hier bei näherer Betrachtung um eine weit grundlegendere Problematik mit weitreichenden ethischen und rechtswissenschaftlichen Konsequenzen, die nicht nur von großer akademischer Brisanz ist, sondern auch das ganz praktische alltägliche Handeln von Ärzten und Pflegekräften unmittelbar betrifft.

Kontakt: Lehrstuhl für Moraltheologie
Katholisch-Theologisches Seminar
Liebermeisterstr. 12
72076 Tübingen
Tel.: 07071/29- 7 28 60
Franz-Josef.Bormann@uni-tuebingen.de
http://www.uni-tuebingen.de/fakultaeten/katholisch-theologische-fakultaet/lehrstuehle/31741/home.html

Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Franz-Josef Bormann (Lehrstuhl für Moraltheologie, Eberhard Karls Universität Tübingen)

Schlagworte: Lebensende, Sterbehilfe

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